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  • AutorenbildVera Zischke

Nonsens-Plots am Beispiel von The Big Lebowski

Manche Geschichten sind so absurd, dass sie uns von dem Druck befreien, alles im Leben müsse Sinn ergeben. Kennt ihr das? Ich zumindest habe immer wieder diese Momente, in denen mir das Leben auf diesem Planeten vorkommt wie ein schlechter Slapstick-Film. Jeder der schon einmal versucht hat, an der Hotline eines Mobilfunkanbieters auf jemanden mit Entscheidungsbefugnis zu treffen, kennt dieses Gefühl.

("Ach vergiss es Dude. Gehen wir bowlen." Eines der vielen epischen Zitate aus dem Film "The Big Lebowski", das ohne tieferen Sinn bleibt. Foto/Gifs: Wix)


Nonsens-Plots bilden genau das ab: den Irrwitz menschlicher Existenz.

Ein Beispiel gefällig? Nehmen wir Hotel New Hampshire von John Irving. In der Geschichte spielen ein minderbegabter Tanzbär, ein ausgestopfter Hund und ein Kind namens Egg eine Rolle und außer der Suche nach einem „Klassehotel“ gibt es keinen roten Faden. Trotzdem ist es ein ausgezeichnetes Buch, das ich nur wärmstens empfehlen kann. Eines der wunderbaren Zitate lautet: „Es ist harte Arbeit und große Kunst, das Leben nicht so ernst zu machen.“


Was sich John Irving bei seinem Klassiker gedacht hat, weiß ich leider nicht. Aber welche, die bewusst auszogen, um Geschichten ohne Ziel zu schaffen, sind Ethan und Joel Coen. Bestes Beispiel: The Big Lebowski. Ein Film über einen schrulligen Alt-Hippie, der mit fragwürdigen Freunden Bowling spielt, seinen Teppich zurückhaben will und mit einem Multimillionär verwechselt wird.



Uns Autor:innen wird beigebracht, dass jede Figur ein eigenes Ziel haben muss? Dass alles was passiert Konsequenzen haben muss und zwar bezogen auf ein Hauptthema? Nun, in The Big Lebowski gibt es reichlich Verwicklungen, allerdings allesamt ohne jede Konsequenz. Jeder Charakter muss für den Plot von Bedeutung sein? Welcher Plot?! Pfff.


Was können wir trotzdem daraus lernen? Nun, diese Nonsens-Plots, in denen die Handlung eigentlich nur zeigen soll, wie absurd das Leben ist, geben uns enorme Freiheiten. Schräge, überzeichnete und vollkommen absurde Figuren erschaffen - wann kann man das mal? Subtile Entwicklungen sind hier nicht nötig. Jede Figur verrät uns mit ihrem ersten Auftreten exakt wer sie ist und was sie will.



Es geht auch nicht darum, Einigkeit herzustellen, eine große Konklusio zu erzeugen. Es muss eben nicht am Ende alles Sinn ergeben. In The Big Lebowski drehen sich sämtliche Dialoge herrlich pointiert darum, dass sich Menschen nicht einig sind. Klingt nach Spaß, oder? Zumindest für den Schreiber, der aus dem Vollen schöpfen kann. Denn auch das gehört zum Markenzeichen dieser Art von Geschichten: Jeder sagt frei raus was er denkt. Da wird nichts zurückgehalten, nicht das eine gesagt und das andere Gedacht. Höflichkeit spielt keine Rolle. Wann hat man das schon mal?!


Müssen wir jetzt alle Nonsens-Plots schreiben? Natürlich nicht. Es kann sich aber lohnen, einfach mal einzelne Szenen mit seinen Figuren zu schreiben, die ihnen absurde Freiheiten lassen oder sie in absurde Situationen werfen oder sie auf jemanden treffen lassen, der so völlig außerhalb jeder Norm unterwegs ist. Wie würde deine Figur reagieren, wenn der Dude in ihre Küche geschlurft käme und direkt aus dem Milchkarton trinken würde?


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